Reisen und Speisen: Berlin liegt im Trend, dass wissen wir nicht erst seit heute. Welche Trends können wir nun in der Gastronomie ausmachen? Was bedeutet eigentlich dieses Wort Trend? Wikipedia bezeichnet Markttrends als eine voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage aber auch als kreiseln und nach unten rollen. Genauso wie wir es in der Gastronomie beobachten können, entstehen Trends im engen Zusammenhang mit der Nachfrage. Sie verschwinden teilweise wieder, können aber auch als neue Konzepte längere Jahre Bestand haben ob nun als Nischen Konzeption oder als trendige Ideenschmiede mit dem Hang zur Kompatibilität.
Wer mit einem neuem Trend bzw. Konzept in die Gastronomie einsteigen will, hat nicht nur behördliche Hürden zu erfüllen, sondern sollte auch auf einem festen Finanzierungskonzept stehen. Da Banken gegenüber Gastro- Start-ups skeptisch sind, hat sich der Leaders Club Deutschland bereit erklärt mit Kapital und Know-how diese zu unterstützen. Das Nutzen viele Neugründer und damit können viele Trend- Ideen umgesetzt werden.
Systemgastronomen wie unter anderem Viapiano oder Osteria schaffen Identität. Der Konsument hat keine langen Entscheidungswege und kann Vertrauen aufbauen. Was ist aber mit den Gastronomen, welche sich nicht so breit aufstellen können oder wollen? Diese versuchen über Trends neue Gäste zu gewinnen.
Nun aber eine Auswahl von aktuellen Trends, welche bei der Vielzahl nicht den Anspruch der Vollständigkeit darstellen:
Fast Food im Gastronomie Betrieb bedeutet unter anderem das Burger und Co aber auch die Berliner Currywurst den Weg in die Restaurants genommen haben. Aus frischem Fleisch hergestellte Burger mit frischen Salaten und knackigen Pommes frites stellen immer mehr eine Konkurrenz zu den bekannten Fast Food Ketten dar. Die Berliner Currywurst ist salonfähig geworden und als Trend aus vielen Betrieben aber auch bei hochwertigen Events, nicht mehr wegzudenken.
Livestyling Konzept bedeutet, ich sehe, wie es gemacht wird. Ich möchte sehen, wie mein Essen frisch zubereitet wird.
„Do it yourself“-Trend, ausgelöst durch den Vertrauensverlust gegenüber der Nahrungsmittelindustrie.
„Food Pairing“, Weg von eingefahrenen Geschmacksmustern und hin zu neuen Aroma-Paarungen.
„Hybrid Food“, durch Mixen, Mischen und Kreuzen werden in unserer globalen Welt keine Grenzen mehr gesetzt. Daraus resultieren neben neuen Markenprodukten auch neue Konzepte in der Gastronomie wie zum Beispiel Supermärkte, in denen man einkaufen, kochen und essen kann.
Cocina Novandia: Nach den skandinavischen Spitzenköchen sind nun die der südamerikanischen Anden mit ihrer „Cocona Novoandina“ im Kommen. Roher, in Limettensaft marinierte Fisch gilt als das „Sushi der Anden“. Es wird meistens mit Süßkartoffeln und geröstetem Reis serviert.
New Gardening, sind Restaurants, die ihren eigenen Kräuter- und Gemüsegarten betreiben,
Tee wird der „neue“ Coffee To Go. Dieser Trend verbreitet sich schneller, als man denkt.
Kaffespezialitäten sind schon seit einigen Jahren ein Trend aber es gibt immer wieder Neue und Kreative Ideen.
„Edelfleisch“, Verwendung von „anderen“ Fleischteilen und Rückbesinnung zu vernachlässigten Verarbeitungsmethoden, denn das ganze Tier soll verarbeitet werden um keinen Raubbau an der Umwelt zu betreiben.
Gasthausbrauereien und große Bierwirtschaften nach bayrischer Art sind schön seit längerer Zeit am Markt aber der Craft Bier Trend entwickelt sich zunehmend. Es gibt eine Vielzahl von handwerklich hergestellten Bieren, und auch die großen Brauer haben Craft-Editionen aufgelegt oder brauen alte neue Spezialitätenbiere.
Außengastronomie, nicht nur klimabedingt verlagern immer mehr Betriebe ihren Geschäftsbereich in den Außenbereich. Sei es als Cocktailbar mit Chillfaktor oder bis hin zur gehobenen Gastronomie mit weißen Tischdecken und allem, was dazu gehört. Dieser Trend ist nicht zu unterschätzen, denn nicht, nur das man draußen sitzen kann, zeigt er unseren Berliner Gästen das Flair einer besonderen Stadt.
Dine and Dance, Nightlife-Trend Dinnerclubs, wie zum Beispiel im historischen Postfuhramt.
Sterneköche oder Sterne- Küchen sind immer am Markt nicht nur ein Trend, sondern auch eine Gastronomie- Philosophie.
Streetfood ist die Verbindungen von Essen, Genuss und Event. Der Trend begleitet viele Eventkonzepte und wird voraussichtlich den Begriff Finger Food ablösen. Serviert werden Burger, Pulled Pork, Sandwiches, lokale Gerichte, Thai- Food und vieles mehr aber im Vordergrund steht nicht nur der Service auf die Hand, sondern auch die frische Zubereitung vor den Augen der Gäste.
Take-away und Home Delivery Take away ist der stärkste Trend im außer Haus Geschäft.
Glutenfreie Gerichte und Menüs werden immer mehr nachgefragt und der Einzelhandel stellt sich genauso auf diesen Trend ein, wie so mancher Gastronom um den Gästebedürfnissen gerecht zu werden.
Vegetarische Restaurants, diese sind nicht nur bei Vegetariern begehrt! Es gibt den Begriff „Flexitarier“, das sind Personen, welche einen Teilzeit- Vegetarismus bevorzugen. Veganes oder Vegetarisches Food mal auszuprobieren ist eine Sache aber muss man sich gleich vegan ernähren fragen sich die sogenannten „Flexitarier“.
„Soft Health“. Vegane und vegetarische Ernährung mit attraktivem Gemüse, sowie regionalen Aspekte
No- Waste- Restaurants, verschwinde, Verschwendung! Ein Dauerthema unserer Branche ist: „Wie kann ich Kosten sparen?“. Bis zu 50 % aller Lebensmittel werden weggeworfen durch Verschwendung und Verderb. Große Portionen, bis zum Schluss aufgefüllte Buffets, knapp über MHD in der Mülltonne landende Lebensmittel und vieles mehr. Das Konsumverhalten ist zum Großteil schuld an der Verschwendung! Echte Nachhaltigkeit, die nur durch eine Reduzierung der Verschwendung erzielt wird, sind das Konzept dieses Restaurant- Trends.
Nachhaltigkeit und das Umweltbewusstsein eines jeden Gastes aber auch Gastronomen sind ein Trend, wenn nicht sogar der wichtigste Trend, um Verantwortung gegenüber den Ressourcen zu beweisen! Hauptsächlich stehen Qualität, Frische und Regionalität in der Ersten Reihe, wenn es um die Nachhaltigkeit aber auch neuer Trends geht.
Traditionelle Gastronomie muss sich nicht den Neuen Trends verschließen, sondern kann mit modernen Ideen und Schaffung einer eigenen Identität eine positive Zukunft haben. In den Zeiten von standardisierten Gastronomiekonzepten ist Individualität mit persönlichem Gästekontakt ein Eckpfeiler zum Erfolg!
Wie wird sich die Gastronomie in den nächsten Jahren entwickeln um den Gästewünschen gerecht zu werden? Werden uns in dieser schnelllebigen Zeit die heutigen Trends und traditionellen Konzepte begleiten oder welche Entwicklungen wird unsere Branche erleben? Werden neue Berufsbilder entstehen oder werden die „Alten“ eine Renaissance erleben?
Professor Dr. Christian Buer von der Hochschule Heilbronn meint: Zukunft- Trends können Hybridmodelle sein, denn wir müssen den neuen Gästewünschen gerecht werden. Der Gast will flexibel bleiben, denn er möchte nicht immer heute entscheiden, was er morgen tue!
Jeder Kollege muss für sich entscheiden, wo seine „gastronomische Reise“ hingeht aber er sollte seine Flexibilität nicht abstellen um auf beachtenswerte Trends angemessen reagieren zu können!
Beispiel mit Interview: Kladower Hof, Sakrower Landstraße 4, D-14089 Berlin
Seit 99 Jahre ein Familienbetrieb in der 5. Generation. In Spandaus südlichstem Teil befindet sich der Ortsteil Kladow, zu erreichen mit dem Bus, PKW aber auch mit BVG Fähre vom Anleger Wannsee aus. Die Bauern- und Fischerdörfer wurden schon 1920 Berliner Bezirke aber trotzdem fahren Gatower wie Kladower bis heute nach Spandau „in die Stadt“ und „nach Berlin“, wenn sie zum Kudamm oder zur Friedrichstraße wollen. Im Dorf befindet sich seit 99 Jahren die Traditionsgaststätte Kladower Hof. Die 1928 geborene Inhaberin und Betreiberin Frau Inge Groß erzählte mir viel von der Geschichte des Hauses und seinen zukünftigen Möglichkeiten.
Frau Inge Groß, Sie sind nach Ihrem Großvater und Vater seit 1971 die dritte Generation, welche Diesen Betrieb führt. Seit August 2014 arbeitet Ihr Enkelsohn Simon mit. Das heißt, Fünf Generationen hat der Kladower Hof eine gastronomische Heimat gegeben.
Inge Groß: Ich bin sehr glücklich, dass die Familientradition durch meinen Enkel eine Zukunft hat. Er bringt neue Ideen ein und nimmt mir viel Arbeit ab. Unsere familiäre Gastronomie Geschichte reicht eigentlich mütterlicher seits bis 1750 zurück und darauf bin ich sehr Stolz.
War Ihr Werdegang vorgezeichnet? Wollten sie schon in jungen Jahren den Betrieb mal übernehmen?
Inge Groß: Mein Wunschberuf war Lehrerin zu werden, aber ich konnte die Lehre wegen der Kriegswirren nicht beenden. Das bedeutete für mich, dass ich mir etwas anderes suchen musste. Habe dann in mehreren Berufen und Betrieben aber auch Restaurants und Bars gearbeitet. Natürlich war es als Tochter selbstverständlich, dass ich im elterlichem Familienbetrieb regelmäßig aushelfen musste.
Wie kam es dazu, dass sich ihre Großeltern 1916 für den Kladower Hof entschieden haben?
Inge Groß: Der zehnjährige Pachtvertrag (1906- 1916) für das Seglerheim in Kladow lief aus und es wurde meinem Großvater dieses Haus angeboten. Obwohl er in den Krieg ziehen musste, hatte er diese Entscheidung nie bereut.
An der Holztheke zapften wohl schon Ihr Großeltern?
Inge Groß: Das ist richtig, denn diese Theke steht seit 1905 in diesem Haus und hat nun schon 110 Jahre gute Dienste geleistet.
Wie überstand der Betrieb die dunklen 30er Jahre bis zum Ende des Nationalsozialismus?
Inge Groß: 1939 wurde mein Vater in den Krieg eingezogen und kam erst 1946 wieder zurück. Meine Mutter hat so gut wie sie es konnte, den Betrieb aufrecht erhalten, denn es gab wenig Lebensmittel zum Kauf und die eigentlichen Hauptkunden, die Männer waren im Krieg. Die Feuerwehr Kladow hat hier aus Platznot übernachtet und baute als Dank auch einen Luftschutzkeller. Nach dem Krieg musste eine Neue Konzession bei den britischen Alliierten beantragt werden und danach ging es 1946 weiter mit dem Kladower Hof.
Waren die britischen Alliierten Stammgäste und wie kamen Sie mit den „Besatzern“ aus?
Inge Groß: Die Engländer waren unsere Stammgäste gewesen und wir hatten sehr guten Kontakt zu ihnen. Sie haben es uns ermöglicht, dass wir trotz aller Entbehrungen den Betrieb aufrecht erhalten konnten. Bis in die jüngste Zeit kamen ehemalige Stationierte aus England angereist und besuchten uns, fragen meist nach meiner Person, um sich für die gemeinsam erlebte Zeit im Kladower Hof zu bedanken.
Kladow war doch zu Mauerzeiten ein beliebtes Ausflugsziel der Westberliner, welche sich nach Erholung am Wannsee und im Dorf sehnten, um Ferienfeeling zu empfinden?
Inge Groß: Viele Menschen verbrachten in den zahlreichen privaten Unterkünften ihre Ferien und gewannen somit auch Abstand von der nicht sehr weit entfernten Großstadt. Sehr oft hatten zum Mittagessen weit über 100 Gäste auf unserer Terrasse sitzen und zu besonderen Anlässen waren es sogar bis zu 300 Gäste. Nach dem Fall der Mauer ändert sich vieles. Unsere Gäste erkundeten das Umland und das traditionelle Ausflugsziel am Wannsee war nun nicht mehr interessant. Nur noch Kladower kamen in unser Haus, wenn sie im Umland wegen der damaligen maroden Gastronomie- Infrastruktur keine oder nur unzureichende Speisen bekamen. Die Wannsee Fähre brachte auch nur noch selten Gäste in den Kladower Hof. Das hatte zur Folge, dass wir keinen Mittagstisch mehr anboten und erst am späten Nachmittag öffneten. Der Kladower Hof fiel in einen Dämmerschlaf! Die Umsätze brachen massiv ein und da ich keine, Miete oder Pacht bezahlen musste, konnte ich diese Zeit überstehen.
Wie sah das gastronomische Angebot im Kladower Hof aus?
Inge Groß: Früher kochte man hier deftige Hausmannskost und mir fällt gerade eines meiner Lieblingsgerichte ein. Ein Frikassee vom Huhn mit Kutteln und frisch gekochten Krebsen. Viel frischer Frisch aus der Havel oder aus dem Glienicker See kauften wir bei den ansässigen Fischern. Zu vielen Feiern aber besonders zu den Bauern- und Fischerhochzeiten wurde viel gegessen und getrunken. Die Küche und der Service standen immer unter Druck. Das war bis zum Ende der 80 er Jahre so gewesen und danach servierten wir nur noch ein kleines Imbissangebot aber zu Veranstaltungen wurde dann auch weiter Hausmannskost serviert.
Welche Brauerei begleitet das Haus seit 1916?
Inge Groß: Am Anfang wurde Berliner Kindl ausgeschenkt aber als dann die Spandauer Brauerei an der Neuendorfer Straße in der 30er Jahren das Schultheiss Bier braute, läuft seit dieser Zeit dieses bis heute noch durch den Hahn.
Hatten ihre Gäste oder Sie mit dem Nichtraucherschutzgesetz Probleme?
Inge Groß: Es gab keine Probleme, denn wir hatten zu dieser Zeit schon keine Speisen mehr angeboten außer zu Sonderveranstaltungen aber dann achteten die Gäste selbst darauf, dass nicht geraucht wird. Sogar bei Fußballübertragungen wird immer noch, das Rauchen von den Zuschauern nicht geduldet. Der Enkelsohn Simon hat nun eine Cocktailbar vor dem Haus errichtet und lockt damit ein jüngeres Publikum an, welche teilweise auch durch den Bauboom bedingt, nach der Wende „Neu- Kladower“ geworden sind. Die „Alten“ und „Neuen“ Kladower empfinden den modern gestalteten Vorgarten als eine gute alternative Ergänzung zum traditionellen Flair des Kladower Hofs. Das Publikum hat sich sehr vermischt und es kommen immer wieder neue Gäste hinzu. Angeboten werden Cocktails, Bier, Wein, moderne Mischgetränke aber auch kleine frisch gegrillte Speisen.
Welche Zukunft möchte Ihr Enkel dem Kladower Hof geben?
Inge Groß: Er möchte einiges modernisieren aber an der Tradition festhalten, neue Gäste mit einem verändertem Sortiment gewinnen und er möchte traditionelles wieder aufleben lassen. Dazu gehören unter anderem ein Frühschoppen Skatturniere, Tanz in den Mai und Live Musik einmal im Monat. Zu Pfingsten mit Konzert und dem diesjährigen Vatertag war der Garten mit über 200 Gästen besetzt! Zur Weihnachtszeit wird es spezielle Angebote geben aber im nächstem Jahr soll nicht nur der St. Patricks Day groß gefeiert werden, sondern die Fußball Europameisterschaft wird mit allen Möglichkeiten hier im Kladower Hof präsentiert.
Danke für das Gespräch.